Zu Besuch bei der Firma Chiresa in Turgi, am 8. Juli 2016

„Entsorgen ohne Sorgen“

Sommer, Palmen, Sonnenschein war angesagt, nach gefühlten 12 Wochen Dauerregen.

Am heutigen Tag zog es eine Schar von 25 IGO-Mitgliedern in den „Habsburger-Kanton“ Aargau zur Betriebsbesichtigung der Fa. Chiresa. Der Himmel war blau und das Thermometer zeigte eine Aussentemperatur von 31°C an, eigentlich typisch wenn Engel reisen.

Die ganze Schweiz traf pünktlich um 14:00h in Turgi ein…..die ganze Schweiz? Nein, denn 4 Mitglieder aus einem (Sankt) gallischen Dorf wurden im Kanton Zürich verkehrstechnisch aufgehalten. Nach kurzem Verweilen traf der Ehrenpräsident samt Gefolgschaft ein und die Besichtigung begann mit einer Begrüssungsansprache durch Frau Kaiser (GF). Im Anschluss übergab sie das Wort an Frau Schätzle. In einer sehr interessanten Präsentation wurde uns der Betrieb Chiresa vorgestellt.

  • Mitarbeiter: 70 Stk.
  • Standorte: 3 (Turgi; Full und die Sondermülldeponie in Bonfol)
  • Tätigkeitsbereich: In- und Ausland
  • Umsatz: 25 Millionen CHF per Anno
  • 45.000 Tonnen Entsorgungsmaterial im Jahr

Die Kernkompetenz von Chiresa liegt in der Entsorgung von Industrie- und Gewerbeabfällen. In diese Rubrik fällt auch das Verbrennen, thermische Verwertung, Aufarbeitung von Rohstoffen sowie das Regenerieren von Katalysatoren.

Schwierige Stoffe werden auch unter Tage gelagert. Im Portfolio an Dienstleistungen wurde auch der Transport von Gefahrengut (eigene LKW-Flotte), sowie die Kesselwagenreinigung vorgestellt. Im Kanton Zürich besteht sogar das Angebot einer mobilen Einheit „auf Rädern“, bei welcher Privatpersonen Problemstoffe wie zum Beispiel Alt-Lacke und Lösemittel abgeben können, die im Anschluss fachgerecht am Standort entsorgt werden.

Eine weitere Sparte ist der Anlagenrückbau in galvanischen Betrieben. In der Präsentation wurde ein Bild von der Fa. Haas in Reinach gezeigt. Wie Fallbeil kam es über mich herab. Der Betrieb in Basel-Land, war damals vor 17 Jahren, die erste Galvanik die ich in der Schweiz besuchen durfte. Als junger Techniker bei Fa. RIAG hatte ich die Aufgabe die Nickelpositionen 16, 17 und 21 auf unsere Produkte umzustellen. In dem Moment dachte ich mir, wie schnell doch die Zeit vergeht…

Danach wurden wir in 3 Gruppen aufgeteilt und durch alle Abteilungen geführt. Wir starteten bei der Entgiftung von Konzentraten (z.B.: galvanische Elektrolyte). Im Vorfeld wird vom Kunden eine Probe an Chiresa gesendet, welche im internen Labor auf das genaueste untersucht wird. Im kleinen Massstab folgt ein Entgiftungsversuch, welcher die Vorgehensweise nach der Anlieferung der ganzen Charge simuliert. In grossen Behandlungsbecken werden dann die Elektrolyte mittels Oxidation (via Wasserstoffperoxid; Bleichlauge) oder Reduktion mittels Bisulfit entgiftet. Im Anschluss werden die Schwermetalle mittels Kalkmilch und Lauge klassisch gefällt. Es wird grossen Wert auf die Sortenreinheit der Schlämme gelegt. Die Metallhydroxide werden getrocknet und in Big-Bags an diverse „Metall-Hütten“ verkauft. Interessantes Detail, Erze verfügen in der Regel über 1 – 2% Metallanteil, bei Metallhydroxiden pendelt sich eine Konzentration von 10 – 15% vom besagten Stoff ein. Vorbildlich war auch die Absaugung der gesamten Abluft die via Abluftwäscher gereinigt wird.

Pro Tag werden ca. 80 -90 Kubikmeter Flüssigkeiten entgiftet. Sogar das Regenwasser (Dachwasser) wird gesammelt, neutralisiert und an die Kläranlage weitergeleitet. Imposant war das Auffangbecken der Anlage, welches 120 m3 fasst.

Danach ging es zu den Kammerfilterpressen, die mich an den A380 bei der Flughafenbesichtigung in Kloten erinnerten. Zwei riesen grosse Anlagen, die mit einem Druck von 300 bar betrieben werden, trennen die Hydroxidflocken vom Wasser. Ich habe schon einige Filterpressen in meinem Leben gesehen, aber eine solche imposante Dimension ist mir noch nie vor die Augen gekommen.

Einen Stock höher befindet sich das Labor. Hier werden die Eingangs- und Ausgangskontrolle vollzogen. Je nach Kundenwunsch werden auch Expertisen und Zertifikate für externe Analysen erstellt. Die Einrichtung verfügt über mehrere Gerätschaften wie, AAS, ICP sowie der Spektrometrie und einem Flammpunktmessgerät. Wie in vielen Labors waren einige interessante Versuchsaufbauten zu sehen. Wie bereits erwähnt, werden hier im Vorfeld die zu entgiftenden Stoffe analysiert  und den anzuwendenden Behandlungsschritten zugeordnet. Es besteht die Möglichkeit folgende Verbindungen zu bestimmen: Nitrat, Nitrit, CN; Chromat und diverse Schwermetalle, sowie organische Substanzen. Nach der Entgiftung werden die Abwässer analysiert und bei gutem Befund, die Freigabe an die Kläranlage erteilt.

Last but not least, kamen wir zur Anlieferung der zu entgiftenden Substanzen. Hier wird zwischen fest und flüssig unterteilt.  Bei den Dockingstationen waren viele verschiedene Kupplungen zu sehen. Dies kann dahingehend begründet werden, damit die angesprochenen Flüssigkeiten kanalisiert in die vorgesehenen Vorratstanks gepumpt werden können. Bei entflammbare Substanzen werden die Behältnisse geerdet, damit es nicht zu einer Entzündung kommen kann. Überall waren Barrieren zu sehen, damit im Falle einer Havarie, das Umfeld sowie das Grundwasser nicht kontaminiert werden kann.

Das Personal im Betrieb wird laufend geschult und man ist stets im Puls der Zeit. Des Weiteren wird die Arbeitssicherheit sehr gross geschrieben und ist allgegenwärtig.

Am Ende der Führung offerierte uns die Fa. Chiresa noch einen Apéro. Bei einem Glas Wein und belegten Brötchen wurde noch reichlich fachgesimpelt und Erfahrungen ausgetauscht. Die gesamte Belegschaft der Betriebsführung stand für offene Fragen noch zur Verfügung, was auch genutzt wurde. Alles in Allem war es ein interessanter Event, der unseren Horizont sicherlich erweitert hat.

Bei der Rückfahrt fuhr ich über die grosse Brücke an der Aare, beim Blick auf das Wasser kamen mir die Positionen 16, 17 und 21 wieder in den Sinn. In Gedanken an die gute alte Zeit und mit einem Lächeln im Gesicht ging es dann nach Hause, respektive in den Stau vor dem Gubrist-Tunnel.

Hiermit möchte ich mich noch im Namen der IGO bei allen Beteiligten für tolle Betriebsbesichtigung bedanken, speziell bei Herbert Hauser der das Ganze ermöglicht und in die Wege geleitet hat.

Mario Egle