Betriebsbesichtigung RUAG Aerostructures in Emmen/LU

An einem wunderschönen Spätsommertag, durfte die IGO den Schweizer Rüstungsbetrieb RUAG in Emmen besuchen. Mein Beifahrer Christian Zürn, war seinerzeit bei der deutschen Bundeswehr in der Galvanik tätig und ich war in Österreich bei den Hochgebirgsjägern im Einsatz. Einen Militärflughafen haben wir somit noch nie zu Gesicht bekommen. Was wir bis zum 21 September, nach jahrelanger Tätigkeit in der Schweiz noch nicht wussten ist, dass es sich bei Emmen um den strategisch wichtigsten Flughafen der Schweizer Armee handelt. Die Eidgenossen haben ihn sogar so gut getarnt und versteckt, dass wir bei der Anreise, trotz Navigationssystem, an ihm vorbei gefahren sind….

Herr Alig von der RUAG durfte 27 IGO Mitglieder begrüssen und wir wurden nach der Sicherheitskontrolle in 2 Gruppen aufgeteilt. Markus Gisler von der Galvabau übernahm auch eine Gruppe und referierte speziell über die Anlage.

Eckdaten:

Das „Galvanoprojekt“ ist mit CHF 23,4 Millionen die grösste Investition der RUAG seit Bestehen des Unternehmens.

10% der Gesamtaufwendungen wurden alleine in die Belüftungsanlage investiert.

Die Abwärme der Anlage wird genutzt um Energie und Ressourcen zu sparen.

Das Gebäude verfügt über 4.200 m2 Nutz- und Produktionsfläche.

Die TSA-Anodisierverfahren (Tartaric-Sulphuric-Anodizing) sind REACh-konform.

Die Anlage verfügt über 43 Stationen mit 8 Behandlungsbäder (TSA)

Das Warenfenster beträgt 7 Meter Länge, 2,3 Meter Höhe und eine Tiefe von 1 Meter.

Jede Wanne verfügt über ein Volumen von ca. 30 m3.

Die Anlage ist zwei geteilt, neben dem Anodisieren gibt es auch noch eine zerstörungsfreie Riss-Prüfungsanlage.

Aktuell wird nur 1-schichtig produziert, das Gesamtvolumen der Anlage ist somit erst zu einem Drittel ausgeschöpft.

Die wichtigsten Kunden sind Airbus; Boing; Saab und Pilatus. Es werden unter anderem auch Bauteile für den A320 und für die F 18 beschichtet.

Die Abteilung Oberflächenbeschichtung hat am Standort in Emmen ca. 25 Mitarbeiter.

Im Jahre 2015 begann man mit der Planung des Konzepts und im Januar 2018 startete die Produktion.

Die Fa. Galvabau wurde mit der Gestaltung der Anlage beauftragt. Dies war eine grosse Herausforderung, da die Statik bei einem solch grossen Automaten einen Streich spielte. Durch den hohen Grundwassserstand musste unter dem Fundament ein Trapezkeil und anschliessend auf die Grundplatte, zwei Fundamentstreifen betoniert werden, damit das Ganze statisch abgesichert ist.

Da es sich hierbei um ein sehr grosses Projekt handelte wurde im Vorfeld Kontakt zur BWB-Altenrhein aufgenommen, welche von der Grösse der Anlage her, in der gleichen Liga spielt. Es ist immer wieder schön zu sehen, wie sich die Branche in der Schweiz austauscht und zusammen arbeitet. BWB lieferte Informationen wie zum Beispiel, was würde ich heute bei der Planung anders machen, oder welche Skills sind ein absolutes Muss.

Binnen 5 Monate wurde die Anlage durch Galvabau aufgebaut und installiert, ein wahres Meisterwerk wie ich finde….

Das Wasser-Konzept wurde von Färber & Schmid erstellt. Das Projekt verfügt über eine Kreislaufwasseranlagen und in der ARA können Spülwässer und Halbkonzentrate intern entsorgt werden. Konzentrate werden abgesaugt und extern entgiftet.

Beim TSA-Verfahren entstehen viele Keime, die kurzfristig Probleme in der Produktion mit sich führen können. Es wurde besonderen Wert auf das Spülkonzept gelegt, sprich Spritzregister und gute Konvektion sind all gegenwärtig. In den finalen Spülen wurde sogar eine UV-Oxidation installiert, um permanent ein perfektes Spülkriterium zu sichern.

Was mich persönlich beeindruckte, war die automatische Rissprüfungsanlage. Hierbei werden grosse Bauteile zerstörungsfrei auf Risse kontrolliert.

Ablauf:

  1. Die aufgespannten Artikel werden in einer Entfettung gereinigt
  2. Es folgt ein intensives Spülen
  3. Trocknen
  4. Aufsprühen des Penetriermittels
  5. Spülen
  6. Trocknen
  7. Auftragen eines Pulvers (elektrostatisch)
  8. Kontrolle via UV-Licht
  9. Abspülen des Pulvers
  10. Trocknen

Sollte ein Riss vorhanden sein, würde das Penetriermittel in diesen rein diffundieren und im Anschluss vom aufgetragenen Pulver aufgesaugt werden. Unter UV-Licht leuchtet dann genau diese Stelle und es wäre somit ein Schaden vorhanden. Die Visuelle Kontrolle erfolgt nur durch autorisiertes Personal.

Bemerkenswert ist, das gesamte System der Anlage ist so ausgelegt, dass die Bauteile einmal aufgespannt werden und so die Anodiserung, Risspüfung und Lackierung mit anschliessendem Einbrennen im Ofen, bis zum Abspannen durchlaufen.

Früher, nachdem die Teile in der Schweiz hergestellt, gefräst und anodisiert wurden, schickte man die Bauteile nach England zum Lackieren. Das Spedieren der Ware nahm sehr viel Zeit in Anspruch.

Durch die kurzen Wege, sprich alles aus einer Hand, ist der Standort in Emmen ein Systemlieferant mit all seinen Vorteilen.

Das Ganze Konzept beeindruckte mich sehr, es ist in allen Belangen durchdacht, geplant und konstruiert worden. Ein richtiges Vorzeige Projekt mit High-Tech und hohem Qualitätsstandart, ein Kunstwerk im Sinne des Betrachters.

Nach der interessanten Besichtigung, wurde uns zur Krönung der Exkursion ein Apero beim Italiener von der Fa. Galvabau offeriert.

An dieser Stelle bedanke ich mich im Namen der IGO recht herzlich bei der Fa. Galvabau, vertreten durch unsere Mitglieder Markus Gisler und Heinz Sutter für den gelungen Anlass und für ihre Grosszügigkeit.

Mario Egle